Die Geschichte der Schüssler-Salze ist eng mit dem Leben und den Erkenntnissen ihres Begründers verbunden: Dr. Wilhelm Heinrich Schüßler (1821-1898), ein deutscher homöopathischer Arzt aus Oldenburg.
Die Anfänge im 19. Jahrhundert
Dr. Schüßler lebte in einer Zeit des grossen wissenschaftlichen Umbruchs, insbesondere in der Medizin. Prägend für seine Arbeit waren die revolutionären Erkenntnisse der Zellularpathologie von Rudolf Virchow (1858), der postulierte, dass Krankheiten ihren Ursprung in gestörten Funktionen der Körperzellen haben. Auch die Forschungen des Physiologen Jakob Moleschott über die Bedeutung von Mineralstoffen für den menschlichen Organismus beeinflussten Schüßler stark.
Um 1870 begann Dr. Schüßler, diese Erkenntnisse mit seinen eigenen Beobachtungen zu verknüpfen. Er schlussfolgerte, dass Störungen in den Zellen nicht unbedingt auf einen absoluten Mangel an Mineralstoffen im Körper zurückzuführen sind, sondern vielmehr auf eine gestörte Verwertung oder Verteilung dieser Mineralstoffe innerhalb der Zelle. Er nahm an, dass die Zelle die Mineralstoffe nicht optimal aufnehmen oder verarbeiten kann, selbst wenn sie im Körper vorhanden sind.
Die Geburt der "Biochemischen Heilweise"
Basierend auf dieser Hypothese entwickelte Schüßler seine "Biochemische Heilweise". Er erkannte, dass zwölf spezifische Mineralsalze – die er als "Funktionsmittel" bezeichnete – eine Schlüsselrolle für die Zellfunktion und den gesamten Stoffwechsel spielten. Sein Ziel war es, diese Mineralstoffe so aufzubereiten, dass sie direkt auf die Zellebene wirken und die Zelle zur Selbstregulation anregen konnten.
Im Jahr 1873 veröffentlichte Dr. Schüßler seinen bahnbrechenden Artikel "Eine abgekürzte Therapie gegründet auf Histologie und Cellularpathologie" in der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung. Darin stellte er seine Lehre vor und grenzte sich gleichzeitig von der klassischen Homöopathie ab: Während die Homöopathie nach dem Ähnlichkeitsprinzip "Ähnliches mit Ähnlichem heilen" (similia similibus curentur) Hunderte von Mitteln verwendete, wollte Schüßler mit nur zwölf, spezifisch aufbereiteten Salzen eine "abgekürzte" und doch ganzheitliche Therapie anbieten.
Die Herstellung der Schüssler-Salze erfolgte und erfolgt bis heute durch Potenzierung mittels Verreibung mit Laktose (Milchzucker), ähnlich wie in der Homöopathie, aber mit dem spezifischen Ziel, die Mineralstoffe für die Zelle energetisch verfügbar zu machen.
Entwicklung nach Schüßlers Tod
Nach dem Tod von Dr. Wilhelm Heinrich Schüßler im Jahr 1898 wurde seine biochemische Heilweise von zahlreichen Anhängern weiterentwickelt und verbreitet. Es bildeten sich "Biochemische Vereine", die seine Lehren pflegten.
Im Laufe der Zeit wurden die ursprünglich zwölf von Schüßler definierten Funktionsmittel um weitere 15 "Ergänzungsmittel" erweitert, basierend auf den Erfahrungen und Beobachtungen späterer Therapeuten. Einige Hersteller, wie die Deutsche Homöopathie-Union (DHU), begannen schon früh (z.B. 1873 durch Dr. Willmar Schwabe) mit der systematischen Herstellung und Verbreitung der Schüssler-Salze.
Bis heute sind Schüssler-Salze eine feste Grösse in der Naturheilkunde und Komplementärmedizin. Obwohl ihre Wirkweise nach den Massstäben der modernen, evidenzbasierten Medizin nicht wissenschaftlich belegt ist, vertrauen weltweit viele Menschen auf ihre sanfte Wirkung und nutzen sie zur Unterstützung der Gesundheit und des Wohlbefindens.
Die 12 Schüßler-Salze – Ihre Funktionsmittel im Überblick
Calcium fluoratum D12 – Das Salz der Haut, des Bindegewebes und der Gefäße
Wirkung: Fördert die Elastizität und Festigkeit von Geweben.
Calcium phosphoricum D6 – Das Salz der Knochen und Zähne
Wirkung: Wichtig für Knochenaufbau, Zellneubildung und Regeneration.
Ferrum phosphoricum D12 – Das Salz des Immunsystems und der ersten Hilfe
Wirkung: Das "erste Hilfe"-Mittel bei akuten Entzündungen und Schmerzen im Anfangsstadium. Verbessert die Sauerstoffversorgung.
Kalium chloratum D6 – Das Salz der Schleimhäute und Drüsen
Wirkung: Reguliert die Funktion von Schleimhäuten und Drüsen, wirkt bei Entzündungen im zweiten Stadium (mit zähen, weisslichen Absonderungen).
Kalium phosphoricum D6 – Das Salz der Nerven und Psyche
Wirkung: Wichtig für Nerven, Gehirn und Muskulatur; das "Energiesalz".
Kalium sulfuricum D6 – Das Salz der Entschlackung und des Stoffwechsels
Wirkung: Fördert Entgiftungs- und Reinigungsprozesse, wichtig für chronische Entzündungen im dritten Stadium (mit gelblichen, schleimigen Absonderungen).
Magnesium phosphoricum D6 – Das Salz der Nerven und Muskeln ("Heisse Sieben")
Wirkung: Das krampflösende und schmerzlindernde Mittel. Beruhigt Nerven und Muskeln.
Natrium chloratum D6 – Das Salz des Flüssigkeitshaushalts
Wirkung: Reguliert den Wasserhaushalt im Körper und in den Zellen.
Natrium phosphoricum D6 – Das Salz des Stoffwechsels und des Säure-Basen-Gleichgewichts
Wirkung: Neutralisiert Säuren im Körper, wichtig für den Fett- und Zuckerstoffwechsel.
Natrium sulfuricum D6 – Das Salz der Ausscheidung und Entgiftung
Wirkung: Fördert die Ausscheidung von Stoffwechselendprodukten über Leber, Galle, Niere und Darm.
Silicea D12 – Das Salz der Haut, Haare, Nägel und des Bindegewebes
Wirkung: Das "Schönheitssalz"; stärkt Gewebe, Haut, Haare und Nägel. Fördert die Ausleitung von Eiter.
Calcium sulfuricum D6 – Das Salz der Gelenke und des Bindegewebes / der Dynamik
Wirkung: Fördert die Durchlässigkeit des Gewebes und unterstützt die Ausleitung von Eiter aus tiefer liegenden Prozessen.